Alternative Verfahren zur Streitbeilegung in Italien

Das italienische Recht kennt verschiedene ADR-Verfahren. Diese lassen sich im Überblick wie folgt beschreiben:

  1. gütliche Einigung nach Artikel 1965 Zivilgesetzbuch;
  2. Konfliktvermittlung (Mediation): Die Parteien schalten einen unabhängigen Dritten ein, um ihren Streit beizulegen und zu einer Einigung zu gelangen;
  3. gerichtlicher bzw. außergerichtlicher Vergleich (nach §§ 183, 320 und 322 Zivilprozessordnung);
  4. Anrufung einer Schiedsstelle als Alternative zur gerichtlichen Streitbeilegung nach § 806 Zivilprozessordnung.

Es gibt auch Formen von Schlichtungs- und Güteverfahren ohne staatliche Einwirkung. Beispiele dafür sind u. a. die Güte- und Schiedsstellen der Telecom Italia und die Ombudsstelle im Bankwesen.

Weiterhin gibt es Schlichtungsformen nach Sondergesetzen:

  • Gesetz Nr. 108 vom 11. Mai 1990 verlangt in arbeitsrechtlichen Fragen (tariflicher/verwaltungsrechtlicher Art) ein außergerichtliches Güteverfahren als Voraussetzung für die Klageerhebung in Kündigungsfällen;
  • Gesetz Nr. 580 vom 29. Dezember 1993 über die Einrichtung von Schieds- und Gütestellen bei der Handelskammer;
  • Gesetz Nr. 192 vom 18. Juni 1998 über Güte- und Schiedsverfahren bei Lieferstreitigkeiten in der Industrie;
  • Gesetz Nr. 320 vom 2. März 1963 verlangt ein obligatorisches Güteverfahren vor der zivilprozessualen Klageerhebung in landwirtschaftlichen Sachen.

Die Formen gerichtlicher Schlichtungsverfahren sind:

  • § 185 Zivilprozessordnung: Ein erneuter alternativer Vergleichsversuch kann im gerichtlichen Verfahren (auf richterliche Anregung beim ersten Erscheinen der Parteien) unternommen werden, „wenn dem Grunde nach möglich“ (§ 183 Zivilprozessordnung). Der Richter darf bei seinem Vergleichsversuch keinen Druck auf die Konfliktparteien ausüben und auch nicht nach Ansehen der Sache handeln, sondern muss die Möglichkeit einer Einigung ohne aktive richterliche Einwirkung einfach nur anbieten und erläutern (um seine Position als unabhängiger Dritter zu wahren). Falls die Konfliktparteien eine Einigung erzielen, unterzeichnen sie in Anwesenheit des Richters ein Vergleichsprotokoll. Dieses Protokoll entspricht einer vollstreckbaren Anordnung und die Streitsache wird daraufhin im gerichtlichen Prozessregister gestrichen.
  • § 420 Zivilprozessordnung: Ein Richter am Arbeitsgericht kann im Rahmen der Verhandlung jederzeit einen Vergleichsversuch vornehmen, unabhängig davon, ob das behandelte Recht veräußerlich ist oder nicht.
  • § 447bis Zivilprozessordnung: Festlegung über Schlichtungsversuch bei Mietstreitigkeiten.
  • Gesetz Nr. 320 von 1963: Festlegung über Schlichtungsversuch bei landwirtschaftlichen Streitigkeiten.
  • § 707, 708 Zivilprozessordnung: Bei ehelicher Trennung muss der vorsitzende Richter zwischen den Parteien einen Versöhnungsversuch unternehmen.
  • Gesetz Nr. 1766 von 1927: Festlegung über Schlichtungsversuch in Fällen des Gewohnheitsrechts.
  • Gesetz Nr. 17775 von 1933: Festlegung über Schlichtungsversuch in wasserwirtschaftlichen Streitfällen.

Die oben beschriebenen Schlichtungsformen gelten für die Beilegung von Streitigkeiten in allen genannten Situationen.

Bei der Schlichtung im Güteverfahren besteht kein Anwaltszwang. Die Kosten sind überschaubar, es gibt keine Prozesskostenhilfe und eine getroffene Vereinbarung kann unverzüglich vollstreckt werden.

Bei kontradiktorischen Formen der Schlichtung jedoch besteht Anwaltszwang und wenn die Konfliktpartei eine Prozesskostenhilfe für das Gerichtsverfahren erhält, gilt dies auch für das Schlichtungsverfahren.

Schiedsstellen sind nach dem italienischen Datenschutzgesetz zur Vertraulichkeit verpflichtet, worauf man generell vertrauen kann.

Die Konfliktparteien können in einem Vertrag vereinbaren, dass sie vor Anrufung eines Gerichts zunächst eine Schlichtung anstreben.

Diese vertraglichen Vereinbarungen dürfen jedoch die Anrufung ordentlicher Gerichte nicht ausschließen.

Die zur Streitbeilegung auf dem Schlichtungswege getroffene Einigung ist für beide Parteien verbindlich. Wird die Einigung nicht freiwillig eingehalten, kann sie vollstreckt werden.

*Quelle: Europäische Kommission

*Nur die in der Papierausgabe des Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichte Fassung der Rechtsakte der Europäischen Union ist verbindlich.

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